Bildnachweis: Michel Arriens | www.michelarriens.de
Ein barrierefreier Internetauftritt, barrierefreie Dokumente und auf Social Media barrierefrei zu posten, nutzt allen und schafft Zugänge, denn Barrieren kann es auch im digitalen Raum geben. In diesem Blogpost findet ihr praxisnahe Umsetzungstipps von unserem Kooperationspartner, dem Landesbehindertenbeauftragten Bremen.
5 Grundregeln für digitale Barrierefreiheit
Für einen ersten Überblick, könnt ihr euch an diesen fünf Grundregeln orientieren, um eure digitalen Auftritte möglichst barrierefrei zu gestalten:
- Schwache Kontraste gerade bei kleinen Schriftgrößen verhindern gute Lesbarkeit.
- Tastaturfallen führen ins Aus oder die Navigation ist zum Beispiel nicht vollständig mit Tastatur bedienbar.
- Fehlende Strukturelemente, wie Überschriften, Listen oder Absätze erschweren die Orientierung. Wichtig ist, dass sie auch technisch korrekt umgesetzt sind.
- Die Missachtung des Zwei-Kanal-Prinzips meint, dass immer mindestens zwei Wahrnehmungskanäle angesprochen werden müssen, das bedeutet visuell wahrnehmbare Bilder benötigen Alternativtexte, die den Inhalt des Bildes beschreiben oder Podcasts benötigen entsprechend ein Transkript, in dem die Inhalte gelesen werden können.
- Komplexes, überhäuftes Layout, am besten noch in schreienden Farben lenkt ab oder lässt erst gar nicht den inhaltlichen Einstieg finden.
Barrierefreiheitserklärung als Qualitätsmerkmal
Der erste Schritt ist, wie überall, sich der eigenen Wissenslücken bewusst zu werden. Öffentliche Stellen, also alle Organisationen, die Angebote machen, die vollständig oder mehrheitlich öffentlich finanziert sind, haben die Chance, sich im Rahmen der Barrierefreiheitserklärung ihrer Angebote damit auseinanderzusetzen. Die „Erklärung zur Barrierefreiheit“ muss vergleichbar mit der Datenschutzerklärung ausweisen, wie der aktuelle Stand ist, ob und welche Barrieren vorhanden sind. Die jährlich vorgeschriebene Aktualisierung der Barrierefreiheitserklärung hilft, das Thema fest in der Jahresplanung oder im Qualitätsmanagement zu verankern.
Auch wenn die Barrierefreiheitserklärung nur für öffentliche Stellen gesetzlich verpflichtend ist, profitieren natürlich auch alle anderen Organisationen und Unternehmen von einem barrierefreien Internetauftritt.
Behindertengleichstellungsgesetze als Orientierungshilfe
Zum Glück gibt es Kriterien, Standard und auch einiges an Tutorials und Material, um aus unterschiedlichen Rollen heraus die digitale Barrierefreiheit umzusetzen. Den großen Rahmen, sozusagen, die Meta-Ebene bilden die Behindertengleichstellungsgesetze und ihre Rechtsverordnungen. Hierin ist geregelt, für welche Bereiche welche Standards gelten (§ 3 vor allem Ansatz 4 BITV 2.0 – Barrierefreie Informationstechnik_Verordnung) und auch wofür Übersetzungen von Inhalten in Deutsche Gebärdensprache und Leichte Sprache bereitgestellt werden (§ 4 BITV 2.0).
How to – und wer macht´s?
Auf der Umsetzungsebene gibt es mit den Kriterien der EN 301 549 (englisch, PDF, 1.9 MB), in denen die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 aufgehen. Diese Kriterien scheinen auf den ersten Blick technisch, aber sie werden aus unterschiedlichen Rollen heraus umgesetzt:
- Design und Gestaltung: Farben, Schriften, Seitenaufbau sind nur einige Elemente, in denen das Design einen maßgeblichen Einfluss auf Barrierefreiheit hat. Nach Zielgruppen sortiert, gibt diese Poster-Serie einen guten Einstieg.
- Programmierung: Der „technische Unterbau“ stellt sicher, dass mit unterschiedlichen Eingabemöglichkeiten, wie ausschließlich per Maus/Touch, ausschließlich per Tastatur oder ausschließlich per Spracheingabe alles bedienbar ist. Entsprechend gilt dies für die Ausgabe, also die grafische Darstellung, das Vorlesen durch Screenreader und die Anzeige auf der Braille-Zeile oder die responsive Darstellung in unterschiedlichen Größen oder Farben.
- Redaktion und Content-Creation: Neben der Verständlichkeit von Texten, kommt der Redaktion die Verantwortung zu, Kontexte herzustellen. Zum Beispiel sind Links, wie hier im Text, immer sprechend zu benennen und nicht unspezifische Worte allein zu verlinken, wie „hier“ oder „mehr“. Auch Dokumente, die online gestellt oder per E-Mail versandt werden, sind häufig nicht barrierefrei und somit nicht für alle zugänglich.
Es bedeutet auch, dass in den Sozialen Medien barrierefrei gepostet wird:- #JedesWortGroßSchreiben ermöglicht eine bessere Lesbarkeit und dass jedes Wort mit kurzer Pause vorgelesen wird.
- Alternativtexte zu Bildern, die nicht interpretieren, nur beschreiben und Text auf Bildern wiedergeben
- Kontraste in Bildern, vor allem wenn Schrift im Bild verwendet wird
- Verständlichkeit
- Multimedia mit Untertitel, Transkripte oder Audiodeskription
- Leitung: Digitale Barrierefreiheit ist ein Querschnittsthema. Die Verantwortung für die Verankerung und ein gemeinsames Commitment liegt bei der Führungs- oder Leitungsebene. Ressourcen zur Qualifizierung und zum Austausch müssen gewollt und bereitgestellt werden.
Behinderte Menschen als Expert*innen in eigener Sache sind auf allen vorher genannten Ebenen ein großes Potenzial. Schlussendlich sind aber immer alle in der Verantwortung: Wer Mängel und Barrieren bemerkt oder rückgemeldet bekommt, sollte aktiv werden. Barrieren sind als Fehler zu behandeln. Und auch hier gilt es, nachhaltig zu denken: Wenn die Barriere an einer Stelle auftaucht, taucht sie auch an anderen Stellen auf?
Und jetzt los!
Aktuelle Impulse rund um Themen der digitalen Barrierefreiheit gibt es auf dem Twitter-Auftritt (@bremen_lbb) der Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik beim Landesbehindertenbeauftragten Bremen. Einen kurzen Überblick zu 24 unterschiedlichen Themen bietet, der im vergangenen Jahr erstellte Adventskalender. Tiefer einsteigen lässt sich über das Handbuch Digitale Teilhabe und Barrierefreiheit